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Transaktionen im Gesundheitswesen: Der Markt ist durch Insolvenzen geprägt

25. März 2024

  • Mit 234 Transaktionen ist viel Bewegung im Gesundheitsmarkt 2023
  • Übernahmen von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sind oft auf Insolvenzen zurückzuführen
  • Transaktionen im ambulanten Sektor um 35 Prozentpunkte gestiegen
  • Kaum Aktivität bei digitalen Leistungserbringern

Der Transaktionsmarkt in der Gesundheitsbranche hat an Dynamik gewonnen: Mit 234 Fusionen und Übernahmen im Jahr 2023 ist spürbar mehr Bewegung im Markt als in den Vorjahren. Zum Vergleich: 2022 wurden 186 Transaktionen abgeschlossen, 2021 lag die Zahl der Deals bei 172. Viele der Abschlüsse gehen allerdings auf Insolvenzen zurück, insbesondere bei Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Das sind zentrale Ergebnisse des Transaktionsmonitors Gesundheitswesen 2023/2024, den die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland bereits zum 13. Mal veröffentlicht.

„Es bleibt jetzt abzuwarten, ob sich die finanzielle Lage der Krankenhäuser im Zuge der Krankenhausreform 2024 verbessert. Ansonsten dürfte der Transaktionsmarkt für Krankenhäuser auch im laufenden Jahr stark insolvenzgetrieben sein.“

Dr. Alexander von Friesen,
Partner bei PwC Deutschland im Bereich Healthcare M&A

Die meisten Transaktionen verzeichnet der Bereich der niedergelassenen Leistungserbringer und Labore (80), gefolgt von Pflegebetrieben (70), Pflegeimmobilien (43), Krankenhäusern (29) und Rehabilitationseinrichtungen (12). 

„Viele Einrichtungen unseres Gesundheitswesens befinden sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation und stehen vor großen Umbrüchen. Der Investitionsstau in vielen Häusern, eine hohe Inflationsrate, steigende Personal-, Energie- und Materialkosten verschärfen das Problem weiter, sodass sich das Transaktionsgeschehen in der Branche hin zu einem Käufermarkt entwickelt.“

Michael Ey,
Partner und Co-Lead Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland

Krankenhäuser und Rehabilitation: Insolvenzen als Treiber für Transaktionsgeschehen
Das betrifft insbesondere den Krankenhaussektor, in dem einige der insgesamt 29 Transaktionen aus Insolvenzen entstanden sind. Vor allem kommunale und freigemeinnützige Kliniken leiden unter einer prekären finanziellen Lage. Als Beispiel gilt hier etwa die Insolvenz der Regiomed-Kliniken in Thüringen. Insgesamt verzeichneten die Krankenhäuser für das Jahr 2023 laut Deutscher Krankenhaus Gesellschaft ein Defizit von rund neun Milliarden Euro; gemäß Krankenhaus-Barometer des Deutschen Krankenhaus Instituts schreibt mehr als die Hälfte der deutschen Allgemeinkrankenhäuser Verluste. Käufer sind derzeit vor allem Kommunen und freigemeinnützige Träger, während die Zahl der Transaktionen durch private Erwerber, insbesondere Finanzinvestoren, zurückgeht. Lediglich vier Deals wurden mit Private-Equity-Beteiligung geschlossen.

„Diese Zurückhaltung ist auf Unsicherheiten durch regulatorische Vorgaben – gerade die Debatte um eine bevorstehende Krankenhausreform – zurückzuführen.“

Dr. Alexander von Friesen,
Partner bei PwC Deutschland im Bereich Healthcare M&A

Stabil hingegen ist das Transaktionsgeschehen im Bereich Rehabilitation mit zwölf Deals – so viele wie im Vorjahr. Vor allem der ambulante Zweig mit Praxen für Physiotherapie prägt den Markt und ist für Private-Equity-Investoren attraktiv, die an elf Übernahmen beteiligt waren. Reha-Kliniken profitieren von höherer Auslastung in 2023, stehen aber insgesamt vor ähnlichen wirtschaftlichen Herausforderungen wie Krankenhäuser; es bleibt abzuwarten, ob Transaktionen auch in diesem Segment stärker aus Insolvenzen heraus erfolgen.

Pflege: Hohe Dynamik durch Einzelverkäufe
Ebenso ist der Bereich der Pflege durch eine teils prekäre finanzielle Lage geprägt. Die Dynamik in diesem Bereich mit 70 Transaktionen ist auf eine große Zahl an Einzelverkäufen – zum Teil aus der Insolvenz heraus – zurückzuführen. So hat beispielsweise die Kenbi GmbH den insolventen ambulanten Pflegedienst LIONCARE Wohnen und Pflege GmbH übernommen. 

„Neue Vorgaben für Personalschlüssel in Kombination mit steigenden Personalkosten und hohen Energie- und Materialpreisen sorgten dafür, dass größere Übernahmen ausbleiben und Private-Equity-Investoren zurückhaltend agierten.“

Michael Ey,
Partner und Co-Lead Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland

Niedergelassene Leistungserbringer: Transaktionen um ein Drittel gestiegen
Auch im ambulanten Sektor ist Zurückhaltung auf Seiten von Investoren zu spüren – zumindest wenn es um größere Objekte geht. Offenbar fehlt gerade ausländischen Investoren das Vertrauen in die Wachstums- und Konsolidierungsperspektiven des deutschen Gesundheitsmarktes. Dennoch ist die Zahl der Transaktionen im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozentpunkte auf 80 gestiegen. Dabei handelt es sich vor allem um Zukäufe einzelner medizinischer Versorgungszentren durch Praxisketten.

„Vermutlich haben Ärzte, die ohnehin veräußern möchten, ihr Vorhaben wegen möglicher Gesetzesänderungen vorgezogen.“

Dr. Alexander von Friesen,
Partner bei PwC Deutschland im Bereich Healthcare M&A

Hingegen kamen Verkäufe von MVZ-Gruppen durch Finanzinvestoren praktisch zum Erliegen. Einzige Ausnahme: der Verkauf des Dermatologikums durch ECM an Bergman Clinics. Wenn es um die Fachrichtung geht, führen Radiologie und Strahlentherapie sowie die Dermatologie den Markt mit jeweils 17 Transaktionen an. Im Bereich der Zahnmedizin hat sich das Transaktionsgeschehen nach aktiven Vorjahren aktuell verlangsamt.

Telemedizin: Kaum Bewegung im Markt
Auch im Bereich digitaler Anwendungen gibt es momentan kaum Bewegung. Das Finanzierungsvolumen im digitalen Gesundheitssektor belief sich im Jahr 2023 auf 10,7 Milliarden Dollar – den niedrigsten Wert der vergangenen vier Jahre. In dem Bereich waren im vergangenen Jahr keine größeren Transaktionen zu verzeichnen.

„Die digitalen Leistungserbringer konzentrieren sich jetzt eher darauf, ihre Geschäftsmodelle so zu skalieren, dass sie ein gutes Fundament für spätere Exits haben.“

Dr. Alexander von Friesen,
Partner bei PwC Deutschland im Bereich Healthcare M&A

Quelle: Pressemeldung – pwc.de
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