CURACON

Diversity Management: In fünf Schritten zu qualifizierten ausländischen Fachkräften

9. April 2020

Allseits bekannt: In Deutschland herrscht ein spürbarer Fachkräftemangel in der Pflege. Konkret bedeutet dies, gemäß aktueller Angaben des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn während eines Mexiko-Aufenthaltes im September 2019, dass zwischen 50.000 und 80.000 Pflegefachkräfte fehlen und sich dieses Delta tendenziell eher vergrößert. Zwar steigt die absolute Zahl der Pflegefachkräfte seit Jahren, allerdings steht dies relativ gesehen zu der alternden Generation in keinem Verhältnis. Aktuellen Berechnungen zufolge wird sich Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 auf 3,5 Millionen Menschen erhöhen. Dies entspricht einem Zuwachs von rund 1,1 Millionen. Die Unterdeckung zwischen Pflegepersonalbedarf und -bestand nimmt daher zu und stellt die Branche vor konkreten Handlungsdruck.

Einen besonderen Plan sich dieser Herausforderung zu stellen, verfolgt derzeit Jens Spahn u. a. mit seinem Besuch in Mexiko. Er forciert hierbei nämlich Fachkräfte direkt aus dem Ausland für das deutsche Gesundheitssystem und den Pflegemarkt anzuwerben. Konkret stellt Spahn dabei Rahmenbedingungen auf und steuert bewusst den Anwerbeprozess – z. B. durch eine Vereinfachung der Anerkennung der Ausbildung oder der Visa-Ausstellung. Das deutsch-mexikanische Projekt wird von CAMEXA (Deutsch-Mexikanische Industrie- und Handelskammer) unterstützt. Die Standortagentur saaris im Saarland hingegen wird für die Koordination der Bewerbungen in Deutschland zuständig sein. Weitere Reiseziele des Bundesgesundheitsministers in diesem Jahr waren der Kosovo und die Philippinen – auch hier konnte er entsprechende Anwerberabkommen unterzeichnen.

Das Vorhaben wirkt gleich auf zweifacher Ebene: Die jährliche Anzahl der nach Deutschland kommenden Fachkräfte soll sukzessive steigen und die bürokratischen Hürden bei der Migration dieser Pflegekräfte nach Deutschland sollen abgebaut werden.

Allerdings stellt dieses Vorgehen nicht nur eine Chance zur Behebung des Fachkräftemangels dar, es birgt ebenso einige Risiken, deren sich Organisationen bewusst sein müssen: Das Zusammenführen kann mit Missverständnissen aufgrund kultureller oder religiöser Unterschiede sowie Sprachbarrieren einhergehen, die langfristig negative Auswirkungen auf die Fachlichkeit und die Professionalität nehmen können. Hier bedarf es vor allem ein gewisses Maß an Empathie, um die Besonderheiten und individuellen Sichtweisen zu respektieren und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es durch diese nicht zu Störungen im Betriebsablauf kommt. Herausfordernd kann allerdings nicht nur eine andere Kultur oder eine Sprachbarriere sein. Bürokratische und koordinative Schwierigkeiten stehen hier ebenso im Fokus der Betrachtung. Mit dem Prozess der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland sind für die Organisation, das Krankenhaus und/oder die Pflegeeinrichtungen neue Ansprechpartner, andere Anträge und Formulare sowie unbekannte und komplexe Auflagen verbunden. Dies verlangt eine dauerhafte Anpassung bestehender Strukturen.

Mit dieser neugewonnenen und anspruchsvollen Diversität umzugehen, fordert eine Querschnittsfunktion und bedeutende Managementaufgabe. Ein adäquates Diversity Management verfolgt hier daher das Ziel, die Vielfalt an vorhandenen und neuen Kompetenzen und Arbeitsstilen geschickt zu nutzen und parallel zu fördern. Praktisch kann dann eine vielseitige Teamzusammensetzung dazu führen, dass auf ebenso differenzierte Kundenbedürfnisse optimal eingegangen werden kann. Angemessene Arbeitsbedingungen für jedes Individuum und ein offenes sowie wertschätzendes Lern- und Arbeitsumfeld bilden hierbei unersetzliche Grundvoraussetzungen.

Die Summe und Komplexität der zu berücksichtigenden Faktoren sowie ihre Umsetzung stellen für Einrichtungen und Organisationen große Herausforderungen dar, die sie nicht allein bewältigen können. Um diese Komplexität strukturiert zu reduzieren, empfiehlt Curacon zu nachfolgenden fünf Schritten. Diese Vorgehensweise bezieht die wesentlichen Akteure (Agenturen, ausländische Fachkräfte sowie inländische Organisationen bzw. Einrichtungen) mit ein, unterstützt dabei gezielt den Prozess der Anwerbung sowie die Integration der Fachkräfte und stellt einen reibungslosen Ablauf der Prozesse sicher.

  1. Schritt: Definierte Koordination durch geregelte Kommunikation sicherstellen. Den relevanten Agenturen einen dauerhaften internen Ansprechpartner der Einrichtung nennen, der den Prozess kennt, Erfahrungen aufweist und die Interessen vertritt.
  2. Schritt: Formale Klarheit schaffen. Auszufüllende Formulare sortieren und sichten und sich ggf. Unterstützung bei den verschiedenen Anträgen suchen.
  3. Schritt: Fachlich-pflegerischen Anspruch aufrechterhalten. Entwicklungsbedarfe der ausländischen Pflegefachkraft sollten kurzfristig erkannt und durch ausgewählte Nachschulungen oder Fortbildungen behoben werden.
  4. Schritt: Diversity Management theoretisch kennen und praktisch leben. Durch eine sukzessive Unterstützung bei der Implementierung eines Diversity Managements kann sowohl das Onboarding als auch die Integration der ausländischen Pflegekräfte in das bestehende System gelingen.
  5. Schritt: Integration langfristig denken. Dauerhafte Betreuung durch regelmäßige und begleitete Teamsitzungen und einen konstanten Ansprechpartner bei Rückfragen sorgen für eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre.

Autoren: Alina Hövelmann ( alina.hoevelmann@curacon.de, Tel: 0251 92208 259), Anna Steger ( anna.steger@curacon.de, Tel: 02102 1669 727), Unternehmensberatung der Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Quellen:

Aretz, H. J., & Hansen, K. (2002) Diversity und Diversity-Management im Unternehmen: eine Analyse aus systemtheoretischer Sicht (Vol. 3). LIT Verlag Münster.

Link zum Buch: https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=6F0AMdpXejEC&oi=fnd&pg=PA7&dq=Diversity+und+Diversity-Management+im+Unternehmen&ots=6ozyXkwwU7&sig=qclx7Jb7-GpHWLF_IadFbtUmQIo#v=onepage&q=Diversity%20und%20Diversity-Management%20im%20Unternehmen&f=false

Link zum Buch: https://books.google.de/books/about/Personal_Diversity_Management.html?id=FamLBQAAQBAJ&redir_esc=y

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gesundheitspolitik-40-000-unbesetzte-stellen-pflegenotstand-in-deutschland-weitet-sich-aus/23835088.html?ticket=ST-43819719-LwRYQahHscIBCw9RFPSJ-ap6

https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/gesundheit-jens-spahn-in-mexiko-ich-freue-mich-ueber-jede-pflegekraft/25040888.html?ticket=ST-43827029-SV1KqdzxYc9WoIsBvLrP-ap6

https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/GP_Themenreport_Pflege_2030.pdf

http://www.iaw.uni-bremen.de/pflege/proAktiv_download/Leitfaden_Diversity.pdf

https://www.camexa.info/Probleme gemischter Arbeitsgruppen:

 

Quelle: curacon.de
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