Für die Krankenhäuser ist keine Entspannung in Sicht

Der Klinikverbund Hessen hält Nachbesserung bei den Regelungen zur Entlastung der Krankenhäuser für erforderlich

Bisher erscheint die Anzahl der in den Krankenhäusern des Klinikverbunds Hessen behandelten Patienten noch übersichtlich und gut zu versorgen. „Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Krankenhausbehandlungen und auch die Intensiv- und Beatmungspatienten mit COVID-19 deutlich zunehmen werden“, meint Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen e. V. Die Infektion dringe erst jetzt in die Risikogruppen der älteren und mit Vorerkrankungen belasteten Menschen vor.

Insbesondere sei die Ausbreitung in Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen sowie in den Krankenhäusern selbst höchst bedenklich. Der Mangel an Schutzkleidung begünstige die Ausbreitung in den Einrichtungen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die Infektion auch über die Mitarbeiter von Bewohner zu Bewohner oder von Patient zu Patient getragen werde. Zudem seien die Mitarbeiter selbst gefährdet, wie die zunehmende Zahl der Infektionen bei medizinischem Personal zeige. „Dieser gefährliche Kreislauf lässt sich nur mit ausreichend Schutzausrüstung durchbrechen. Die entsprechende Beschaffung stellt für Krankenhäuser und Einrichtungen in der aktuellen Lage eine große Herausforderung dar, vor allem finanziell“, stellt Maurer fest.

Der Klinikverbund Hessen bedanke sich ausdrücklich für die Unterstützung der Krankenhäuser durch das hessische Ministerium für Soziales und Integration und Minister Klose. Das Land habe schnell und unbürokratisch die Krankenhäuser mit der notwendigen Liquidität ausgestattet. Das Krankenhausentlastungsgesetz auf Bundesebene sei ebenfalls eine erste Hilfe, um die Erlösausfälle und gestiegenen Kosten zu kompensieren. „Wir müssen aber an einigen Stellen bei den finanziellen Ausgleichen für die Krankenhäuser noch nachsteuern, sonst kommt es zu erheblichen Verwerfungen und Fehlallokationen“, erläutert Achim Neyer, stellvertretender Vorsitzender des Klinikverbundes Hessen. Der finanzielle Ausgleich für die zur Vorbereitung auf die Versorgung von COVID-19 Patienten verschobenen Behandlungen könne als erste Maßnahme akzeptiert werden, es sei jedoch dringend eine Anpassung erforderlich. Denn zum einen seien Kliniken benachteiligt, die im Vorjahr beispielsweise wegen Umbaumaßnahmen oder Personalwechsel weniger Patienten als sonst im Jahresdurchschnitt oder odergeplante Steigerungen ihrer Fälle in Bereichen hätten, die trotz der Coronavorbereitungen zu versorgen seien. Andererseits kämen die Mittel auch den Kliniken zugute, die wegen Abteilungsschließungen oder aus sonstigen Gründen in diesem Jahr Fallzahlminderungen unabhängig vom Coronavirus hätten. Im Hinblick darauf, dass die Maßnahme die Kliniken bei der Bewältigung der Coronakrise unterstützen solle, sei dies eine Fehlallokation. „Vor allem aber ist der Ansatz einer Tagespauschale falsch, denn die ausgefallenen Erlöse der verschobenen Fälle sind nicht in allen Kliniken vergleichbar“, so Neyer. Damit seien die Kliniken benachteiligt, die vor allem aufwändige Fälle behandelten und verschoben hätten. Deshalb müsse dies dringend für die Zukunft in einen aufwandsbezogenen Ansatz über die Case-Mix-Punkte geändert werden.

Noch einfacher und besser sei die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vorgeschlagene Betrachtung auf der Budgetebene. „Ich kann nicht verstehen, warum diesem konstruktiven und bürokratiearmen Ansatz nicht gefolgt wurde“, sagt Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen. Gesundheitsminister Spahn habe dies gegenüber den Krankenhäusern damit begründet, dass auch bei diesem Modell Nachweise und Kontrollen erforderlich wären. Diese seien jedoch nach Ansicht des Klinikverbundes auf Budgetebene deutlich weniger aufwändig als auf Einzelfallebene. Zudem könnten die für die Tagespauschale angeführten Verwerfungen relativ einfach in der Budgetanpassung berücksichtigt werden.

Durch die Weiterführung der fallbezogenen Abrechnung seien bisher die Krankenhäuser in diesem Bereich noch nicht entlastet worden. „Ich bin wirklich erstaunt darüber, dass bei einigen Mitarbeitern von Krankenkassen und Medizinischem Dienst der Ernst der Lage noch nicht angekommen zu sein scheint und gedacht wird, es könne mit ‚business as usual‘ einfach weitergehen“, meint Schaffert. Nach wie vor gebe es Rechnungsabweisungen durch Krankenkassen und weiterhin fordere der Medizinische Dienst unvermindert Unterlagen an. Die Fristverlängerungen durch die Vereinbarung der Selbstverwaltung sowie die gesetzliche Reduzierung der Prüfquote seien zwar hilfreich, allerdings bedeute dies neuen Aufwand durch die Stornierung bereits beim Krankenhaus eingegangener und bearbeiteter Anfragen Mit der Beibehaltung der Einzelfallabrechnung nach DRG und der Rechnungsprüfung seien weiterhin ärztlich und pflegerisch qualifizierte Mitarbeiter durch Kodierung, Abrechnung und Bearbeitung der Anfragen abseits der Patientenversorgung gebunden. Angesichts der noch zunehmenden Patientenzahlen sowie der steigenden Infektionen beim medizinischen Personal sei dies aus Sicht des Klinikverbundes Hessen völlig unverständlich. Einerseits rekrutiere man Medizinstudierende und ehemalige Mitarbeiter, um sie in der Versorgung einzusetzen. Andererseits belaste man qualifizierte und erfahrene Mitarbeiter mit Abrechnung und Prüfungsanfragen. 

Im Klinikverbund Hessen e. V. haben sich alle hessischen Krankenhäuser in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft sowie die hessischen Spitzenverbände der Trägerorganisationen (Hessischer Landkreistag, Hessischer Städtetag und Hessischer Städte- und Gemeindebund) zusammengeschlossen. Die Kliniken des Klinikverbunds Hessen e. V. erbringen eine wohnortnahe qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung ebenso wie Spitzenmedizin in klinischen Zentren für über 50% der Patientinnen und Patienten in Hessen.

Der Klinikverbund Hessen e. V. vertritt die Interessen der öffentlich-rechtlich getragenen Krankenhäuser im Sinne einer an der Daseinsvorsorge der Menschen in Hessen ausgerichteten Gesundheitspolitik gegenüber Öffentlichkeit und Politik.

Quelle: klinikverbund-hessen.de
Render-Time: 0.264818