Operation Elektroschrott: Nächste Stufe im Pleitensystem Telematikinfrastruktur ist erreicht

23. März 2022

Die Pleiten-Serie in der Telematikinfrastruktur (TI) reißt nicht ab. Einst als Datenautobahn für das Gesundheitswesen gepriesen, steht ein Projekt nach dem anderen im Stau. Nach dem jüngsten Kommunikationschaos zwischen Gesundheitsminister Lauterbach und der mit der Umsetzung der Digitalisierung beauftragten Gematik-GmbH zur Zukunft von elektronischem Rezept und elektronischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung folgt nun die nächste Hiobsbotschaft: Ab Sommer 2022 müssen in Arzt- und Psychotherapiepraxen, Apotheken und Kliniken alle Konnektoren ausgetauscht werden, deren Sicherheitszertifikate nach fünf Jahren abgelaufen sind. Die Sicherheitszertifikate sind in den SMC-Karten in den Konnektoren meist so verbaut, dass nur der ganze Konnektor ausgetauscht werden kann.

„Mit Millionenkosten im dreistelligen Bereich wird gerechnet“, sagte Dr. Silke Lüder, Vizevorsitzende der Freien Ärzteschaft (FÄ) und Allgemeinärztin in Hamburg, am Freitag, und fragt sich, wer diesen neuerlichen Skandal bezahlt. Zudem gebe es weitere Fragen: Wird es genug Chips geben, wenn auf dem Weltmarkt Chipmangel herrscht? Was passiert mit dem Berg an Elektroschrott, der kostenpflichtig entsorgt werden muss? Stehen genügend Dienstleister vor Ort zur Verfügung, die den Austausch vornehmen? Und wer bezahlt das? „Das ist offenbar alles unklar“, moniert Lüder. Damit gehe die ungeheure Verschwendung von Versicherten- und Praxisgeldern weiter. „Nach ständigen Computerabstürzen in unseren Praxen durch fehlerhafte neue Krankenkassenkarten mit NFC Chips, ständigen Ausfällen der Infrastruktur und dem andauernden Chaos um eRezept und eAU, ist das eine erneute Zumutung für Ärzte, Psychotherapeuten, Kliniken und Apotheken“, so Lüder.

Laut FÄ-Vorsitzendem Wieland Dietrich zeigt sich einmal mehr, dass das Gesamtkonzept von Anfang an fehlerhaft und unausgereift war. „Wir fragen uns, wann endlich ein Schlussstrich unter dieses Pleitenprojekt gezogen wird. Notwendig wäre ein sofortiges Moratorium, um eine weitere Belastung des Medizinbetriebes während der Coronakrise und der nun beginnenden Flüchtlingsversorgung zu vermeiden“, so Dietrich am Freitag in Essen. „Wir fordern Gesundheitsminister Lauterbach auf, sich hier verantwortlich zu zeigen und das Projekt so lange auf Eis zu legen, bis alle Probleme sinnvoll beseitigt sind.“

Quelle: freie-aerzteschaft.de
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