Versorgungsaufschläge für COVID-Patienten helfen Kliniken nicht weiter - Hospital Management Group nimmt Stellung zur Regelung im neuen Infektionsschutzgesetz

30. November 2021

Während die vierte Welle der Pandemie die deutschen Krankenhäuser mit voller Wucht trifft, hat die Ampelkoalition jetzt ein neues Infektionsschutzgesetz auf den Weg gebracht, das u.a. auch Versorgungsaufschläge für die Behandlung von COVID-Patienten vorsieht. „Diese Regelung hilft niemandem weiter“, macht Florian Friedel, Geschäftsführer der Hospital Management Group HMG deutlich. „Es entschärft weder die schwierige wirtschaftliche Situation, in der sich viele Klinken momentan befinden, noch sorgt es dafür, dass Krankenhäuser – ähnlich wie in 2020 – Betten für COVID-Patienten freihalten.“

Friedel, selbst Geschäftsführer am Delme Klinikum Delmenhorst, weiß aus erster Hand, welchen Herausforderungen sich insbesondere kommunale und freigemeinnützige Krankenhäuser zurzeit stellen müssen: Sein Unternehmen, die HMG, ist auf Geschäftsbesorgung spezialisiert und besetzt aktuell deutschlandweit rund 15 Geschäftsführungspositionen in Krankenhäusern. „In unserem Netzwerk sehen wir sehr genau, wo den Kliniken der Schuh drückt, und das sind vor allem die Elektivpatientenzahlen, die noch immer weit hinter denen von 2019 zurückbleiben“, erklärt Friedel. Die Erlöse, mit denen man ursprünglich geplant habe, seien daher nicht mehr zu erzielen. Doch am Ergebnis änderten die nun in Aussicht gestellten Versorgungsaufschläge nichts. Durch die Anrechnung auf den Gesamtjahresausgleich hätten sie lediglich die Wirkung einer Abschlagszahlung und dadurch nur Auswirkungen auf die Liquidität. „Die bilanzielle Situation der Krankenhäuser verbessert die neue Regierung damit genauso wenig, als wenn sie gar nichts geregelt hätte.“

Hinzukommt: Für einen Zuschuss zur Liquidität kommt die Initiative einige Monate zu spät. Der maximale Liquiditätsbedarf eines Krankenhauses, das nach Tarif bezahlt, besteht um den 20. November. Dann nämlich muss wegen der Jahressonderzahlung etwa das 1,5-fache der üblichen monatlichen Lohnzahlung geleistet werden. „Damit Ärzteschaft und Pflegekräfte auch im November ihr Gehalt bekommen, haben die vom Bund im Stich gelassenen Krankenhäuser ihr Liquiditätsproblem schon längst anders gelöst“, sagt Friedel. „Indem der Bund die zuvor geltenden Ausgleichzahlungen völlig unnötigerweise zum 1. Juli auslaufen lassen hat, hat er in Kauf genommen, dass viele Krankenhäuser ein Liquiditätsproblem bekommen, für das dann bei den kommunalen Krankenhäusern die Kommunen einspringen müssen.“ Gespart hätten die Kassen dadurch praktisch nichts, weil die Ausgleichzahlungen als Abschlagszahlungen ohnehin dem Gesamtjahresausgleich unterlägen.

Corona habe zwar die Liquiditätsprobleme noch mal verschärft, ursächlich dafür sei aber die Ausgliederung des Pflegebudgets, die der Bund mit Wirkung zum 1. Januar 2020 beschlossen hatte. „Man wollte die Pflege stärken, hat aber die Kliniken damit extrem geschwächt, weil das Gesetz handwerklich desaströs gemacht ist“, kritisiert der erfahrene Krankenhausmanager. Zwar bekämen die Krankenhäuser von den Kassen sämtliche Kosten für die Pflege am Bett refinanziert. Für die Jahre 2020 und 2021 haben die meisten Krankenhäuser in Deutschland aber nur gesetzlich festgelegte, viel zu niedrig bemessene Abschlagszahlungen von den Kassen erhalten. Um die Kosten vollständig erstattet zu bekommen, brauche man Budgetabschlüsse für die Jahre 2020 und 2021. „ In Niedersachsen z.B. haben das trotz großer Bemühungen erst weniger als 10 Prozent der Kliniken erreicht, weil der Gesetzgeber viele Detailfragen nicht geregelt und damit auf die Verhandlungsebene verlagert hat.“ In den meisten anderen Bundesländern sehe es wohl ähnlich aus. „Während die Krankenhäuser liquiditätsmäßig auf dem Trockenen sitzen, bilden Krankenkassen wegen der aufgelaufenen Forderungen der Krankenhäuser aus dem Pflegebudget bundesweit Rückstellungen in Milliardenhöhe“, fasst Friedel zusammen. „Das ist Geld mit dem die Krankenhäuser in Vorleistung gegangen sind und das ihnen zusteht, aber ganz aktuell fehlt.“

Im Vergleich zu der zurückgehaltenen Liquidität aus dem Pflegebudget seien die von der Ampelkoalition vorgeschlagenen Versorgungsaufschläge ein Tropfen auf den heißen Stein. Und würden außerdem nicht dabei helfen, in den Krankenhäusern Kapazitäten für die zu erwartenden Corona-Patienten zu schaffen. „Auf Länderebene werden die Krankenhäuser zwar teilweise wieder dazu aufgefordert, elektive Eingriffe zu verschieben“, berichtet Friedel. Die Zusatzvergütung für Covid-19-Patienten habe aber keinerlei lenkende Wirkung. “Wenn man freie Betten will, sollte man wie gehabt das Freihalten von Betten incentivieren.“

Quelle: hmg-im.de
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