VKD

Wieviel ist uns eine sichere Versorgung der Corona-Patienten wert?

26. März 2020

Löchriger kann ein Schutzschirm kaum sein

Der von Bundesregierung und Bundesländern proklamierte „Schutzschirm für die Krankenhäuser“ ist voller Löcher und lässt die Krankenhäuser im Gewitter der Corona-Krise ohne wirklich wirksame Unterstützung im Regen stehen. Angeblich hat er zum Ziel, die Durchhaltefähigkeit der Intensiv-und Beatmungskapazitäten in den Kliniken in der Corona-Krise zu stärken. Ebenso heißt es: „Die Bundesregierung stellt durch gesetzliche Maßnahmen zügig sicher, dass die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Folgen für die Krankenhäuser ausgeglichen werden und kein Krankenhaus dadurch ins Defizit kommt.“

„Wir müssen leider sagen, dass diese Aussagen mit dem jetzt vorliegenden Gesetz nicht im Entferntesten erfüllt werden.“ Wenn unsere bisher noch einigermaßen intakte Krankenhauslandschaft am Ende erhebliche Lücken aufweisen wird, sollte die Öffentlichkeit wissen, warum das so ist. Aus Sicht des VKD sind drei Punkte zentral:

1. Mit der Aussicht auf einen Schutzschirm wurden die Krankenhäuser aufgefordert, grundsätzlich alle planbaren Aufnahmen, Operationen und Eingriffe in allen Krankenhäusern, soweit medizinisch vertretbar, auf unbestimmte Zeit zu verschieben und auszusetzen, um sich auf den steigenden Bedarf zur Behandlung von Covid19-Patienten vorzubereiten. Dieser Aufforderung sind die Krankenhäuser im Vertrauen auf das Versprechen der Politik unverzüglich nachgekommen. Aus der Praxis wird aktuell ein Rückgang um durchschnittlich 35 Prozent berichtet. Bei einem Umsatzvolumen der Branche von rund 100 Mrd. Euro ist dies ein politisch veranlasster Erlöseinbruch gegenüber dem Vorjahr von rund 3 Mrd. Euro pro Monat, der bei einer Entwicklung ab Mitte März bis Ende September auf rund 20 Mrd. Euro anwächst. Im gerade vom Bundestag beschlossenen Gesetz stehen zwar durchaus erhebliche Summen, die aber bei genauer Betrachtung an die schon jetzt absehbaren Erlöseinbrüche in dieser Höhe und die zusätzlichen Kosten bei Weitem nicht heranreichen. Es soll der Eindruck eines großzügigen Hilfspakets der Bundesregierung erweckt werden. Schon die Überschlagsrechnung zeigt aber sofort, dass hier enorme Finanzlöcher gerissen werden.Nein, auch nach zweimaliger Überarbeitung des Gesetzentwurfs sind wir nicht zufrieden! Im Gegenteil. Wir fürchten um den Bestand unserer Häuser. NRW-Gesundheitsminister Laumann hat es in einem Versprecher bei „hart aber fair“ ungewollt vorweggenommen. Die „Insolvenza“ sei gefährlicher als das Corona-Virus.

2. Besonders erbärmlich ist aus Sicht des VKD das Geschacher um die Höhe der Finanzierung zurAufrüstung von Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit. Obwohl dem Bundesministerium für Gesundheit bekannt war, dass ein funktionsfähiger Beatmungsplatz Selbstkosten von 85.000 Euro pro Platz erfordert, wurden zunächst 30.000 Euro angeboten. Nach den flächendeckenden Protesten am vergangenen Wochenende wurden in die Überarbeitung des Gesetzentwurfs 50.000 Euro aufgenommen. Hier stellt sich die Frage, ob noch die richtigen Politiker an der richtigen Stelle für die Bevölkerung arbeiten. Wieviel ist uns das Überleben schwerstkranker, beatmungspflichtiger und hochbetagter Patienten wert? Wieviel sind uns unsere eigenen Eltern und Großeltern wert?

3. Es hätte eine solide, angemessene Finanzierung geben können. Ein Schutzschirm ist nicht eine kleinteilige, bürokratische Vermessung der drohenden Versorgungskrise, wie sie mit dem jetzigen Gesetzansteht. Ein Garantiebudget auf Basis des Budgets 2019 wäre die Lösung gewesenund nicht eine unverschämte Forderung der Krankenhäuser. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat eine solche Lösung vorgelegt. Auch von Kassenseite hat man diesen Vorschlag zum Teil unterstützt. Auch das hätte man bedenken sollen. Aber man wollte es nicht. Zudem soll der Schutzschirm bis Ende September befristet sein. Dies würde unterstellen, dass die Pandemie ab Oktober zu Ende ist. Ob dies mit Blick auf die Erkrankungenan Grippe und andere Viren eine realistische Hypothese ist, kann die Bevölkerung vermutlich besser beantworten als die Gesetzesschreiber.

„Dieses Gesetz ist aus Sicht der Praxis kein Schutzschirm, sondern ein Trojanisches Pferd“, so VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. „Man kann ja Verständnis dafür haben, dass in diesen Zeiten vieles mit heißer Nadel gestrickt werden muss. Aber man wird den Eindruck nicht los, dass das Ziel einer kalten

Strukturbereinigung auch in der Krise weiterverfolgt wird. Öffentlich proklamiert man die „Unterstützung“ der Krankenhäuser. Unter dem Radar nimmt man die Krankenhäuser und Rehakliniken mit einer für den Laien undurchschaubaren Feinregulatorik aus dem System. Auch durch die Art und Weise, wie das Gesetz entstanden ist, wie man den praktikablen Vorschlag der Krankenhäuser beiSeite geschoben hat, bleibt ein Störgefühl zurück. Landräte und Bürgermeister sollten jetzt sehr genau beobachten, was mit ihren Krankenhäusern vor Ort passiert. Dies ist eine dringende Warnung des VKD.“

Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD) vertritt mit rund 2.250 Mitgliedern das Management fast aller deutschen Krankenhäuser einschließlich der Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen. Er versteht sich als Ansprechpartner insbesondere in Fragen der Krankenhauspraxis und des Klinikmanagements.

Quelle: vkd-online.de
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