Schweigepflicht contra Schutzpflicht: Gericht weist Arzt Verantwortung zu
Ärztinnen und Ärzte unterliegen der Schweigepflicht. Ein Urteil des OLG Frankfurt von 1999 machte deutlich, dass diese endet, wenn das Leben oder die Gesundheit Dritter akut bedroht ist. Im verhandelten HIV-Fall hätte der Arzt die Partnerin informieren müssen. Schadensersatz erhielt sie dennoch nicht.
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Die ärztliche Schweigepflicht ist Grundlage für Vertrauen und Behandlungssicherheit. In Ausnahmefällen kann sie jedoch eingeschränkt sein. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied 1999 in einem Fall, in dem eine Frau durch ihren HIV-infizierten Partner angesteckt wurde. Der Hausarzt wusste von der Diagnose, schwieg jedoch, da der Patient ihm die Weitergabe verboten hatte. Später infizierte sich die Frau ebenfalls und forderte Schmerzensgeld. Das Gericht stellte klar, dass bei akuter Gefahr für das Leben oder die Gesundheit Dritter die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstands (§ 34 StGB) vorliegen. Der Arzt hätte die Frau informieren dürfen und müssen, da er erkennen konnte, dass der Patient trotz Infektion ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte. Das Gericht betonte die Garantenstellung des Arztes, aktiv zum Schutz der Patientin beizutragen. Schadensersatz erhielt die Klägerin dennoch nicht, da ein klarer Kausalnachweis fehlte. Der Fall gilt heute als Standardbeispiel für die Grenzen der Schweigepflicht im Spannungsfeld von Vertrauen und Schutzpflicht.
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