Krankenhausreform zwischen Anspruch und Realität
Die Bundesregierung will mit dem Krankenhausanpassungsgesetz (KHAG) nachsteuern. Doch Fachleute kritisieren die geplanten Ausnahmen und warnen vor sinkender Versorgungsqualität…
- Politik
Die geplante Überarbeitung der Krankenhausreform hat eine heftige Kontroverse ausgelöst. Während das Bundesgesundheitsministerium die Änderungen als praxisnäher bezeichnet, sehen Experten wie Tom Bschor und Jens Scholz darin eine Schwächung der zentralen Reformziele. Bschor, früher Vorsitzender der Regierungskommission Krankenhaus, befürchtet, dass Länder mit neuen Ausnahmeregelungen Qualitätsvorgaben umgehen könnten. Durch unklare Kooperationsmodelle drohe, dass Kliniken Anforderungen formal erfüllen, ohne sie tatsächlich einzuhalten.
Auch Scholz, Vorstand des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, spricht von einem „Aufweichungsgesetz“. Er kritisiert, dass Länder mehr Einfluss erhielten, obwohl sie seit Jahrzehnten kaum eine konsequente Krankenhausplanung betrieben hätten. Besonders gefährlich sei, dass kleinere Häuser gleichgestellt würden, obwohl ihnen Personal und Ausstattung für bestimmte Leistungsgruppen fehlten.
In der Diskussion um Fachkliniken gehen die Meinungen weit auseinander. Bschor warnt vor einem zu weit definierten Begriff, der Schlupflöcher öffnet, während Karin Overlack vom Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen die geplante Definition für grundsätzlich sinnvoll hält, wenn auch mit Spielraum für Interpretationen.
Kritik gibt es zudem an der zeitlichen Verschiebung des Reformstarts auf 2026. Bschor nennt sie „teuer und kontraproduktiv“, weil Milliarden in ineffiziente Strukturen fließen würden. Auch bei der Finanzierung sehen Fachleute Nachbesserungsbedarf. Die geplante Vorhaltevergütung, die 60 Prozent der Betriebskosten pauschal abdecken soll, gilt vielen als unausgewogen. Scholz warnt vor Fehlanreizen und fordert eine engere Begrenzung des Korridors von Fallzahlen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Unterm Strich wächst die Sorge, dass die Krankenhausreform ihre Richtung verliert. Was als Qualitätsoffensive begann, droht im Spannungsfeld von Länderinteressen, Kostendruck und politischem Taktieren zu einer bloßen Verwaltungsübung zu werden. Leider mit unklaren Folgen für Patientinnen und Patienten. Die Reform sollte Struktur und Qualität sichern, doch der aktuelle Entwurf lässt beides erodieren. Wenn politische Rücksicht stärker wiegt als Patientensicherheit, droht der Umbau des Krankenhauswesens zur vertanen Chance.
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