Bayerns Kliniken stehen flächendeckend vor dem finanziellen Kollaps

wir, die Krankenhäuser in Schwaben, protestieren mit diesem offenen Brief, gegen die aktuell diskutierten Kernpunkte bei der Regelung der Krankenhausfinanzierung, die für zahlreiche Kliniken in ganz Deutschland eine Existenzbedrohung darstellen.

21. Dezember 2023
  • Politik

Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister Prof. Lauterbach, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete der Regierungskoalition,

wir, die Krankenhäuser in Schwaben, protestieren mit diesem offenen Brief, gegen die aktuell diskutierten Kernpunkte bei der Regelung der Krankenhausfinanzierung, die für zahlreiche Kliniken in ganz Deutschland eine Existenzbedrohung darstellen.

Die Krankenhäuser in Schwaben stellen mit 9.500 Betten und 27.000 Beschäftigten in 56 Krankenhäusern für knapp 2 Millionen Menschen in unserer Region die medizinische Grundversorgung sicher.

Die finanzielle Lage der Krankenhäuser ist seit Jahren dramatisch.

Die Defizite steigen systembedingt kontinuierlich weiter an und konnten auch durch Corona- hilfen, Energiepreisbremse oder Liquiditätshilfen nicht annähernd aufgefangen werden.

Ein wesentliches Kernproblem ist die Inflation, weil fortwährende Kostensteigerungen nicht durch professionelles Management kompensiert werden können. Insbesondere werden seit 2022 die inflationsbedingten Kostensteigerungen nicht adäquat refinanziert.

Hierzu kommt jetzt die neuerliche Verteuerung der Energie durch die Beschlussfassung der Ampelkoalition in 2024.

Die akute Unterfinanzierung bei den DRG-Erlösen führt dazu, dass die Mittel nicht ausrei- chen, um die Betriebskosten und Gehälter für die stationäre Versorgung der Patientinnen und Patienten bezahlen zu können. 

Das führt dazu, dass freigemeinnützige und private Krankenhäuser längst in akuter Existenz- gefahr sind.

Und auch bei den Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft ist ein Defizitausgleich in den erreichten Dimensionen mittlerweile nicht mehr möglich. Haushaltssperren sind in den Städten und Landkreisen mittlerweile vielerorts Realität und gefährden sogar die kurzfristige Liquidität.

Diese Situation gefährdet in Landkreisen und Städten viele wichtige Aufgaben der Daseins- vorsorge.

Wenn der Bund nicht kurzfristig handelt und entsprechende Maßnahmen ergreift, ist die stati- onäre Versorgung, bei uns in Schwaben – wie überall in Deutschland – akut gefährdet.

Dies hätte auch bedrohliche Folgen für die ambulante Versorgung, den Rettungsdienst und die Notfallversorgung, deren Rückgrat die Krankenhäuser bilden.

Um es deutlich auszusprechen: Es geht um Menschenleben!

Es geht darum, Notfälle adäquat versorgen zu können, es geht darum, die Verschlechterung des Gesundheitszustandes vieler Betroffener aufzuhalten und wieder zu bessern, es geht um gebärende Mütter und herzkranke Senioren, es geht um Menschen, die in Betrieben be- schäftigt sind und gerbraucht werden, es geht auch um unsere Beschäftigten, ihre zuneh- mende Belastung und ihre Perspektiven.

Vor diesem Hintergrund sehen wir kurzfristigen und massiven Handlungsbedarf sowohl bei der Liquiditätssicherung, als auch bei der Neuregulierung:

  1. Dringender Inflationsausgleich

    Die seit 2022 bestehende Erlöslücke von mindestens 4% muss dringend ausgegli- chen werden, wozu der Landesbasisfallwert erhöht werden muss. Eine vorgezogene Auszahlung bestehender Ansprüche, wie vom Bund vorgeschlagen, reicht allein nicht aus, um die finanziellen Probleme zu lösen. Eine schnellere Bezahlung ist zwar gene- rell richtig und Sie reduziert Liquiditätsengpässe. Jedoch schließt dies die Inflationslü- cke bei den Erlösen in keiner Weise, denn es werden ja nicht die fehlenden Einnah- men damit ausgeglichen, sondern nur bereits bestehende Ansprüche. 

  2. Dauerhafte Lösung

    Die inflationsbedingte Steigerung der Fixkosten muss darüber hinaus auch dauerhaft geregelt werden. Der Bund muss dadurch auch für die Zukunft sicherstellen, dass nachgewiesene Kostensteigerungen zeitnah bei den Erlösen berücksichtigt werden, um vergleichbare Schieflagen zu vermeiden.

Die finanziellen Mittel hierzu sind größtenteils im System bereits vorhanden. Durch die anhal- tend geringeren Behandlungszahlen mussten die Kostenträger deutlich weniger Finanzmittel aufwenden. Dies ist auch das Ergebnis unserer Arbeit einerseits wie auch des auf uns seit Jahren ausgeübten Kostendrucks, der sich im Wortsinn „bezahlt macht“.

Abgesehen davon liegen die Erlöse je behandelten Krankenhausfall im Vergleich zu anderen europäischen Ländern deutlich unter dem Durchschnitt. Das ist von unabhängigen Wissen- schaftlern und der OECD bestätigt.

Wir appellieren daher an Sie, sehr geehrte Bundestagsabgeordnete und auch an Sie, sehr geehrter Herr Bundesminister Prof. Lauterbach die dramatisch zugespitzte Situation um die Versorgung der Menschen in unseren Krankenhäusern in Schwaben und ganz Deutschland ernst zu nehmen und die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die stationäre Versor- gung und damit auch die ambulante Versorgung, den Rettungsdienst und die Notfallversor- gung zu sichern. Bereits heute sind 8 von 10 Krankenhäusern im Defizit, und Schließungen müssen unbedingt abgewendet werden.

Wir als Unterzeichner stehen vollständig hinter der Entschließung des Bundesrates zur „wirt- schaftlichen Sicherung der Krankenhäuser“ (Bundesratsinitiative) vom 24.11.2023 und for- dern die Bundesregierung auf, ihre ablehnende Haltung aufzugeben und eine nachhaltige Krankenhausfinanzierung zu ermöglichen.

Die Gesundheit der Bevölkerung steht auf dem Spiel und es ist unsere gemeinsame Verant- wortung, dafür zu sorgen, dass die Krankenhäuser ihre wichtige Aufgabe erfüllen können.

Wir laden Sie herzlich zu einem Besuch vor Ort in unsere Kliniken ein!

Gerne erläutern wir Ihnen im Detail die komplexen wirtschaftlichen Einflüsse und gesetzli- chen Beschränkungen in der derzeitigen Krankenhausfinanzierung, an die wir gebunden sind und die unsere Handlungsfähigkeit auf null reduziert.

Sprechen Sie mit uns und mit unseren Beschäftigten, gewinnen Sie einen Eindruck von den schwierigen Bedingungen, die heute schon bei uns Alltag sind!

Wir setzen auf Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung und bitten im Interesse aller um eine zeitnahe Reaktion.

Mit freundlichen Grüßen

Die Krankenhäuser in Schwaben

Claus Boldt
Stefan Brunhuber
gez.

Jürgen Busse
Ev. Diakonissenanstalt Augsburg
Bezirkskliniken Schwaben
Donau-Ries Kliniken

Martin Gösele
Sonja Greschner
Michael S. Kneis
Wertachkliniken
Kreiskliniken Dillingen-Wertingen
Klinik Vincentinum Augsburg 

Dirk Kuschmann
Andreas Kutschker
Maximilian Mai
St. Vinzenz Klinik
Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren
Klinikum Memmingen

Prof. Dr. Klaus Markstaller
Dr. Hubert Mayer
Andreas Ruland
Universitätsklinikum Augsburg
Kliniken an der Paar
Klinikverbund Allgäu

Clara Walter
Robert Wieland
Stefan Graf
Asklepios Klinik Lindau
Kreiskliniken Günzburg Krumbach
Therapiezentrum Burgau

Quelle:

Medinfoweb
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