BGH-Urteil: Ärztliche Aufklärung vor Geburt eines schwerbehinderten Kindes war unzureichend
Eine Mutter wirft ihrem Arzt vor, sie vor der Geburt ihres Kindes nicht ausreichend über die Diagnose des Aicardi-Syndroms informiert zu haben. Sie behauptet, sie hätte einen Schwangerschaftsabbruch erwogen. Nun entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH), dass Ärzt:innen umfassend über Befunde, Risiken und Handlungsoptionen aufklären müssen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der informierten Entscheidung, ein Signal für alle Praxen.
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Der Bundesgerichtshof hat in einem Grundsatzurteil zur ärztlichen Aufklärungspflicht entschieden. Anlass war die Klage einer Mutter, deren Kind mit Aicardi-Syndrom geboren wurde. Sie argumentierte, bei vollständiger Information über den Krankheitsbefund hätte sie die Schwangerschaft abgebrochen. Die Ärztin habe sie nicht ausreichend über die Diagnose und deren Folgen informiert.
Der BGH stellte klar, Ärzt:innen sind verpflichtet, Patient:innen alle wesentlichen medizinischen Fakten mitzuteilen. Dazu zählen Diagnose, Prognose sowie mögliche Konsequenzen für das Leben des Kindes. Diese Pflicht dient dem Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren. Unterbleibt die Aufklärung oder ist sie unzureichend, kann ein Anspruch auf Schadensersatz entstehen.
Das Urteil verdeutlicht die Tragweite ärztlicher Verantwortung in der Pränataldiagnostik. Unklare oder verkürzte Informationen können gravierende juristische Folgen haben. Ärzt:innen sollten deshalb Beratungsgespräche sorgfältig dokumentieren und alle Handlungsoptionen, einschließlich eines möglichen Abbruchs, transparent darlegen. Für Praxen und Kliniken bedeutet dies, dass standardisierte Aufklärungsprozesse und rechtssichere Dokumentation sind unerlässlich sind, um Haftungsrisiken zu vermeiden.
Die Entscheidung stärkt das Selbstbestimmungsrecht und setzt zugleich ein klares Signal an die ärztliche Praxis. Nur vollständige, verständliche und rechtzeitig vermittelte Informationen schaffen die Grundlage für eine informierte Entscheidung der Schwangeren.
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