Ein Jahr Zukunftskonzept 2035: Kliniken Ostalb, gestalten statt abwarten
Als kommunaler Klinikverbund mit Haltung, neuen Schwerpunkten und externem Sachverstand, greifbare Fortschritte erzielen, den Strukturwandel aktiv angehen und Perspektiven schaffen
- Ökonomie
Als der Kreistag des Ostalbkreises im Herbst 2024 sein Zukunftskonzept 2035 verabschiedete, stand der Klinikverbund wirtschaftlich und strukturell unter massivem Druck. Hohe Defizite, steigende Personal- und Energiekosten und über viele Jahre gewachsene Doppel- und teilweise Dreifachstrukturen. Parallel liefen auf Bundes- und Länderebene die Debatten um die Krankenhausreform in einer politischen Dimension mit vielen Unbekannten. Ein Jahr später ziehen die Kliniken Ostalb als kommunaler Klinikverbund eine erste Bilanz: Während in Berlin weiter über Finanzierungsrahmen und Leistungsgruppen verhandelt wird, sind auf der Ostalb bereits sichtbare Veränderungen entstanden. Die Kliniken Ostalb haben Schwerpunkte gebildet, Neubau- und Umstrukturierungsmaßnahmen gestartet und mit neuen Governance-Strukturen die Weichen für eine moderne, wirtschaftlich tragfähige Versorgung gestellt.
Perspektiven in unsicheren Zeiten
„Die vergangenen zwölf Monate haben gezeigt, wie notwendig und richtig es war, die Transformation anzustoßen“, sagt Landrat Dr. Joachim Bläse. Die zwischenzeitlich angekündigten Kürzungen des ursprünglich zugesagten Vier-Milliarden-Euro-Hilfspakets des Bundes für Kliniken um rund 1,8 Milliarden Euro hätten, so Bläse, „einmal mehr verdeutlicht, dass Warten keine Option ist.“ Während bundespolitische Reformgesetze auf sich warten ließen, habe der Ostalbkreis gehandelt: „Wir gestalten unsere Versorgung aktiv und lokal mit Verantwortung, Verlässlichkeit und Weitblick.“
Konkret bedeutet das: Das Ostalb-Klinikum in Aalen entwickelt sich zum Notfallschwerpunkt mit neuen Strukturen für Herz-, Kopf- und Schwerverletztenversorgung, inklusive einer modernen Neuroradiologie und erweiterten Intensivkapazitäten. Am Stauferklinikum Schwäbisch Gmünd fokussiert man sich auf onkologische und endoprothetische Versorgung, einschließlich robotisch assistierter Chirurgie und der künftigen Integration der Urologie. Der Standort in Ellwangen, die St. Anna-Virngrund-Klinik, wird wiederum zu einem sektorenübergreifenden Gesundheitsversorger transformiert, in dem stationäre und ambulante Leistungen, Reha und Ausbildung enger verzahnt werden.
Parallel schreitet der geplante Neubau des Regionalversorgers in Essingen als wesentlicher Bestandteil des Zukunftskonzepts 2035 weiter voran: Nach Zustimmung zum Flächennutzungsplan startete ein mehrstufiger Wettbewerb zur Gestaltung und Planung des Neubauvorhabens, bereits Mitte Dezember werden die ersten Entwürfe der Architekten vorgestellt.
Externe Expertise stärkt den Verwaltungsrat
Aktuell bindet der Klinikverbund mit der Berufung eines beratenden Gremiums bewusst zusätzliche Kompetenz ein. Drei erfahrene Experten begleiten künftig den Prozess: mit unterschiedlichen Perspektiven und Expertisen, aber mit gemeinsamer Überzeugung, das Zukunftskonzept 2035 aktiv auf diesem herausfordernden Weg zu begleiten. Sie sind sich einig: Der Klinikverbund hat Zukunft, wenn er sich weiter effizient organisiert, Doppelstrukturen abbaut und Synergien konsequent nutzt.
Adalbert Erben, langjähriger und erfahrener Krankenhausmanager in Stuttgarter Kliniken und gebürtiger Ellwangener, sieht in der Ostalb eine Region mit Vorbildcharakter: „Kommunale Trägerschaft ist kein Auslaufmodell. Die aktuelle Gesundheitsgesetzgebung setzt auf starke Regionalversorger in der Fläche. Dafür brauchen wir schlanke Strukturen, effiziente Prozesse und den Mut, lokale Politik und Management in eine Linie zu bringen. Der Ostalbkreis hat diese Chance.“
Prof. Dr. Hans-Jürgen Hennes, Medizinischer Geschäftsführer und Ärztlicher Direktor an der Uniklinik Mannheim sowie erfahrener Klinikverbund-Experte, hebt die Bedeutung gemeinsamer Medizinkonzepte hervor: „Zukunftsfähigkeit entsteht nicht durch Einzelstandorte, sondern durch abgestimmte Versorgung im Verbund. Die Kliniken Ostalb setzen hier an: durch die Entwicklung gemeinsamer Leistungsgruppen und die Bündelung komplexer Behandlungen, Auflösung von Mehrfachvorhaltungen, ohne die wohnortnahe Grundversorgung aus dem Blick zu verlieren.“
Thomas Weber, seit vielen Jahren Experte im Gesundheitsbereich und Geschäftsführer der SLK Kliniken in Heilbronn, ergänzt die wirtschaftliche Perspektive: „Kommunale Krankenhäuser stehen heute mehr denn je unter enormem wirtschaftlichen Druck. Das wird für alle Häuser, nicht zuletzt durch den vor kurzem getroffenen Beschluss des Bundes ab 2026 die Bezüge der Kliniken bundesweit um etwa 1,8 Mrd. Euro zu kürzen, eine zunehmende Herausforderung. Umso wichtiger ist es, frühzeitig klare unternehmerische Entscheidungen zu treffen, um notwendige Reformschritte in tragfähige Strukturen zu überführen.“
Transformation als Managementaufgabe
„Wir haben in allen Bausteinen des Zukunftskonzepts wichtige Grundlagen gelegt, jetzt müssen wir weiter an Effizienz und Führungsstruktur arbeiten“, erklärt Christoph Rieß, Vorstandsvorsitzender der Kliniken Ostalb. Neue standortübergreifende Verantwortlichkeiten, flachere Hierarchien und der Abbau von Doppelstrukturen sollen Ressourcen bündeln. Der vereinbarte Sozialplan mit dem Personalrat bildet dabei das soziale Rückgrat der Veränderung. Denn Transformation muss auch Führung neu denken und aufstellen. Dies macht auch einen kulturellen Wandel notwendig. Gewachsene Doppelstrukturen und Fachkräftemangel legten offen, dass die bisherigen Modelle in Organisation und Steuerung an ihre Grenzen geraten waren. Nach den ersten greifbaren Ergebnissen der Transformation richtet der Klinikverbund deshalb nun auch seine Führungsstruktur konsequent neu aus.
Ein Wandel, der bei der Leitung beginnt. Neben der Bildung von medizinischen Schwerpunkten in Aalen, Schwäbisch Gmünd/Mutlangen und Ellwangen entstehen auch klare Führungsstrukturen, die Verantwortung neu definieren und Entscheidungswege verkürzen. „Flachere Hierarchien und schnelle Entscheidungen werden uns helfen, die Doppelbelastung aus Veränderungsprojekten und Tagesgeschäft auch weiterhin zu meistern und die Kliniken Ostalb als Gesundheitsversorger für alle Menschen im Ostalbkreis zu führen und weiterzuentwickeln“, so der Vorstandsvorsitzende Christoph Rieß.
Bis zur Umsetzung der neuen Führungsstruktur werden die Kliniken Ostalb weiter von zwei Vorständen geführt. Nachdem sich die bisherige Vorständin Sylvia Pansow entschieden hat, sich einer neuen beruflichen Aufgabe zuzuwenden und daher um eine vorzeitige einvernehmliche Beendigung ihres Dienstverhältnisses bat, wurde mit Wirkung zum 01.11.2025 der langjährige Leiter der Kaufmännischen Zentralbereiche an den Kliniken Ostalb, Stephan Schneider, im Interim, als Mitglied des Vorstandes berufen. Schneider gilt als integrative Führungspersönlichkeit mit tiefem Verständnis für die finanzielle Steuerung und Prozesslandschaft des Verbundes. Seine Berufung soll Kontinuität sichern, während die neue Gesamtstruktur vorbereitet wird „Wir danken Sylvia Pansow für ihr Wirken und ihre wichtigen Beiträge zur Weiterentwicklung des Klinikverbunds und wünschen ihr für ihre berufliche und private Zukunft weiterhin viel Erfolg und alles Gute. Zeitgleich freuen wir uns, dass mit Stephan Schneider eine interimistische Nachfolge mit so hoher Expertise und tiefer Kenntnis der Prozesse zur Verfügung steht“, so Dr. Joachim Bläse und Christoph Rieß.
Die künftige Organisation basiert auf einem klaren Prinzip. An die Stelle von gewachsenen Doppelgremienstrukturen tritt ein linientreues, transparentes Modell mit eindeutigen Zuständigkeiten. Jeder Mitarbeitende hat eine direkte Führungskraft; Entscheidungsprozesse werden verkürzt, Informationsverluste reduziert. Zentraler Bestandteil wird die Einführung einer Direktionsebene. Besondere Bedeutung erhält beispielsweise die Funktion des Chief Medical Officer (CMO), die zukünftig für das medizinische Leistungsangebot und die Führung der Chefärztinnen und Chefärzte, inklusive Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitssteuerung, zuständig sein wird. Die Ärztliche Direktion fungiert auch als designierte Stellvertretung des Vorstands, dieses Vier-Augen-Prinzip wird über Prokura und Geschäftsordnungen fest verankert. So entsteht ein Modell, das Entscheidungsfähigkeit und Kontrolle in Balance bringt, ohne den Verwaltungsaufwand zu erhöhen.
Führungskultur bei den Kliniken Ostalb bedeutet Verantwortung für den Verbund: „Führung ist bei uns kein Status,“ erklärt Christoph Rieß. Ziel sei es, Führung neu zu definieren, als Dienstleistung und Support zur Unterstützung der Behandlungsteams, die sich um eine optimale Patientenversorgung kümmern, nicht als hierarchisches Instrument. Die Neuaufstellung der Führungsstruktur ist Ausdruck eines Kulturwandels, weg vom Denken in Einzelstandorten, hin zu einem Verbund, der medizinisch, organisatorisch und menschlich zusammenarbeitet.
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