Forschung in der Chirurgie: Erst Zufallsfund, dann Auszeichnungen
Die Co-Leiterin des Chirurgischen Forschungslabors, Dr. Theresa Kordaß, wurde kürzlich für ein Projekt zur Entwicklung personalisierter Krebstherapien ausgezeichnet…
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Bei dem Greifswalder UNIQUE Ideenwettbewerb erhielt sie den ersten, auf dem daran anknüpfenden Landeswettbewerb INSPIRED den zweiten Preis. Das Projekt fußt auf einem Zufallsfund einer anderen Arbeit und ist nun Gegenstand eines Patentanmeldeverfahrens, an dem die Freie Universität Berlin und das DKFZ Heidelberg mitwirken. Übergeordnetes Ziel des Projektes mit dem Namen Making the Untreatable Treatable – also das Unheilbare behandelbar machen – ist es, den Krebszellen eine Art Zielscheibe umzuhängen, um bei der CAR-T-Zell-Therapie zielgerichteter vorzugehen.
„Eigentlich wollten wir anhand einer bestimmten Substanz testen, inwiefern wir sogenannte Makrophagen – also Leukozyten im Immunsystem – stimulieren können, um Krebszellen zu zerstören“, erinnert sich Theresa Kordaß, die lange Zeit am DKFZ Heidelberg tätig war. So gebe es im Tumorgewebe Makrophagen, die sich vom Krebs umprogrammieren lassen. Statt den Tumor zu bekämpfen, fördern sie dann dessen Wachstum. Diese Fehlprogrammierung wollte die Arbeitsgruppe mithilfe einer bestimmten Substanz rückgängig machen.
Der gewünschte Effekt blieb aus. „Dann haben wir die Substanz aber zufällig auf solide Krebszellen, konkret auf triple-negative Brustkrebszellen, gegeben und festgestellt, dass diese Substanz direkt auf die Krebszellen wirkt“, so die Molekulare Biotechnologin weiter. „Zwar konnten die Makrophagen nicht von einer tumorfreundlichen in eine tumorfeindliche Rolle umprogrammiert werden“, so Kordaß, „aber die Substanz veränderte die Tumorzellen so, dass sie für Immunzellen plötzlich sichtbar wurden“. Das Forschungsteam hat somit einen Ansatz gefunden, mit dem man künftig möglicherweise Krebszellen besser bekämpfen kann.
Seit Januar leitet Kordaß das Chirurgische Forschungslabor an der Unimedizin Greifswald. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehört insbesondere die zentrale Frage, wie man das Immunsystem aktivieren kann, damit es gegen solide Tumoren vorgeht. Inwiefern sich der neu entdeckte Ansatz auch auf weitere Krebsarten übertragen lässt, wird Gegenstand künftiger Forschungsprojekte.
Mit dem Zufallsfund bewarb sich Kordaß für den Greifswalder UNIQUE Ideenwettbewerb und wurde dafür mit dem ersten Platz ausgezeichnet. „Aktuell läuft zu der Entdeckung ein Patentierungsverfahren, an dem das DKFZ Heidelberg und die FU Berlin beteiligt sind“, erklärt Kordaß, „daher kann ich aktuell noch nicht so viele Details zu dem Forschungsansatz erläutern“. Bei dem landesweiten INSPIRED Ideenwettbewerb, an dem alle Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern teilnahmen, belegte das Projekt von Kordaß den zweiten Platz. „Die Teilnahme an den Wettbewerben war für mich insbesondere deshalb gewinnbringend, weil ich mir dadurch hier in MV ein gutes Netzwerk aufbauen konnte“, erzählt die 33-Jährige, „ich hatte mit vielen tollen Menschen zu tun, die ihre Erfahrungen mit mir teilten – allein dafür bin ich sehr dankbar“. „Das Forschungsprojekt von Theresa Kordaß zeigt, wie wichtig es ist, in der Wissenschaft offen für neue Wege zu sein“, betont Prof. Karlhans Endlich, Wissenschaftlicher Vorstand der Universitätsmedizin Greifswald. Es sei ein gutes Beispiel für das sogenannte Prinzip der Serendipität: Wenn Forschende auf Erkenntnisse stoßen, die sie ursprünglich gar nicht gesucht und erwartet haben. „Die Auszeichnungen auf den beiden Ideenwettbewerben und das Patentierungsverfahren sind bedeutsame Möglichkeiten, einen vielversprechenden Forschungsansatz voranzutreiben und irgendwann in die Patientenversorgung zu bringen“, so Endlich.