Krankenhausreform gefährdet Schmerzmedizin
Millionen Betroffene drohen ihre Versorgung zu verlieren – Fach- und
Patientenverbände fordern eigene Leistungsgruppe…
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Berlin, 11. September 2025 – Für Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen steht die
Versorgung auf dem Spiel. Im Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) ist die spezielle
Schmerzmedizin nicht als eigene Leistungsgruppe vorgesehen. Damit fehlen die rechtlichen und
finanziellen Grundlagen, die für die interdisziplinäre Behandlung betroffener Patientinnen und
Patienten unverzichtbar sind. Schon heute kommt es zu Schließungen spezialisierter
Einrichtungen und Neuinvestitionen werden gestoppt. Bis zu 40 Prozent der bisherigen
Behandlungsfälle könnten dadurch wegfallen. Heute stellten Fach- und Patientenverbände in
einer Online-Pressekonferenz ihre Analyse vor. Sie fordern mit Nachdruck, dass die spezielle
Schmerzmedizin als eigenständige Leistungsgruppe verankert wird. Nur so können Patientinnen
und Patienten weiterhin wohnortnah und in hoher, angemessener Qualität behandelt werden.
Rund 23 Millionen Menschen in Deutschland leiden an chronischen Schmerzen. Etwa 4 Millionen von
ihnen sind besonders schwer betroffen: Sie können kaum am Arbeitsleben teilnehmen, ziehen sich aus
dem sozialen Umfeld zurück und verlieren an Lebensqualität. Für viele bedeutet das nicht nur
körperliche Dauerbelastung, sondern auch Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit.
Eine wirksame Therapie gibt es: die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (IMST).
Expertinnen und Experten aus der Schmerzmedizin, Psychologie, Pflege und Physiotherapie arbeiten
dabei eng zusammen, um Körper und Psyche gleichermaßen zu behandeln. Diese Therapie wird
bislang in etwa 370 Kliniken angeboten. Doch ohne klare gesetzliche Absicherung fallen diese
Angebote zunehmend weg. Schon heute müssen Betroffene monatelang auf einen Platz warten. Wenn
weitere Einrichtungen schließen, verschärft sich die Unterversorgung dramatisch.
Drohende Konsequenzen für Patientinnen und Patienten
Bleibt das KHAG unverändert, werden Behandlungsfälle spezialisierter Schmerzstationen künftig
fachfremden Leistungsgruppen wie „Allgemeine Innere Medizin“ oder „Allgemeine Chirurgie“
zugeordnet. Diese Gruppen haben andere qualitative Mindestanforderungen – zum Beispiel in
Personal- oder Geräteausstattung – die mit schmerzmedizinischen Strukturen wenig zu tun haben. Die Folge: Schmerztherapeutische Einrichtungen können die für sie unpassenden Auflagen nicht erfüllen
und verlieren ihre Abrechnungsgrundlage.
Für die Betroffenen heißt das: weniger Behandlungsplätze, längere Wartelisten, zunehmende
Verzweiflung. Viele Patientinnen und Patienten berichten schon heute von einer jahrelangen Odyssee,
bevor sie Hilfe finden. Wenn nun weitere Strukturen wegbrechen, drohen Leidensgeschichten, die
nicht nur individuelles Schicksal sind, sondern auch die Gesellschaft betreffen – durch
Krankheitsausfälle, Frühverrentungen und steigende Kosten.
Fachverbände fordern: Schmerzmedizin braucht eigene Leistungsgruppe
Die Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. und ihre Partner fordern eine eigenständige Leistungsgruppe
„Spezielle Schmerzmedizin“. Diese müsse per Gesetz oder Rechtsverordnung schnell eingeführt
werden, damit qualitätsgesicherte Angebote nicht verschwinden. Anpassungen über den Umweg
„Fachkrankenhausstatus“ seien zu komplex und nicht zeitnah umsetzbar.
Ohne eine solche Nachbesserung droht ein Dominoeffekt: Einrichtungen schließen, Fachpersonal
wandert ab, und Patientinnen und Patienten bleiben dauerhaft unterversorgt. Die Politik muss deshalb
in den kommenden Abstimmungen handeln und den besonderen Versorgungsbedarf von Menschen
mit chronischen Schmerzen anerkennen.

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