Länder fordern deutliche Änderungen bei der Krankenhausreform
Die Länder wehren sich gegen „Vetorechte“ der Krankenkassen, fordern mehr Flexibilität bei Mindestmengen und warnen vor Versorgungslücken in ländlichen Regionen. Doch der Bund hält an strengen Vorgaben fest. Wer setzt sich durch und was bedeutet das für Patienten und Kliniken?…
- Politik
Am heutigen Mittwoch wird das Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) im Bundestag in erster Lesung beraten. Das Gesetz soll die Ende 2024 beschlossene Krankenhausreform (KHVVG) anpassen. Parallel hat der Bundesrat in seinen Ausschüssen (Gesundheit, Finanzen, Kultur) Empfehlungen erarbeitet, über die er am 21. November 2025 Stellung beziehen wird.
1. Zentrale Forderungen der Länder
a) Mehr Spielraum bei Leistungsgruppen und Finanzierung
- Ausnahmemöglichkeiten: Die Länder fordern mehr und alleinige Entscheidungsbefugnis bei Ausnahmen von Qualitätsvorgaben der Leistungsgruppen – ohne Zustimmung der Krankenkassen, da dies als „Vetorecht“ und Eingriff in die Landeskrankenhausplanung gewertet wird.
- Befristungen: Statt einmaliger Ausnahmen sollen mehrmalige Befristungen möglich sein, um regionale Gegebenheiten besser zu berücksichtigen.
- Fachärzte: Die Anrechenbarkeit von Fachärzten soll von drei auf fünf Leistungsgruppen ausgeweitet werden, besonders für Orthopädie und Frauenheilkunde in kleineren Krankenhäusern.
b) Kritik an Leistungsgruppenvoraussetzungen
- Teilstationäre Einrichtungen: Diese sollen nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen müssen wie vollstationäre, da sie keine Vorhaltevergütung erhalten.
- Neue Leistungsgruppe: Einführung einer zusätzlichen Gruppe für „Neugeborene in Geburtskliniken“, um die Abrechnung von Fallpauschalen zu verbessern.
c) Standortregelung
- 2.000-Meter-Regel: Aktuell dürfen Krankenhäuser nur als ein Standort gelten, wenn Gebäude maximal zwei Kilometer voneinander entfernt sind. Die Länder fordern eine Erhöhung auf fünf Kilometer und die Möglichkeit, im Einzelfall abzuweichen, um lokale Bedürfnisse zu berücksichtigen.
d) Mindestvorhaltezahlen
- Puffer für Unterschreitungen: Bis zu 10 % Unterschreitung der Mindestvorhaltezahlen sollen als Schwankungen gelten und nicht automatisch zu Kürzungen der Vorhaltepauschalen führen.
- Frist für Rechtsverordnung: Die verbindlichen Mindestvorhaltezahlen (noch nicht berechnet) sollen bis 31. März 2026 vorliegen, um Planungssicherheit zu schaffen.
2. Onko-chirurgische Mindestmengen
- Streichung von §40 KHG: Die Länder lehnen die Mindestmengen für onko-chirurgische Leistungen ab, da sie als „systemwidrig und nicht evidenzbasiert“ gelten. Sie befürchten, dass Kliniken in dünn besiedelten Regionen sonst keine entsprechenden Leistungen mehr anbieten könnten, was zu Wartezeiten führen würde.
3. Finanzierung des Transformationsfonds
- Landesanteil aus Sondervermögen: Die Länder wollen ihren Anteil am Transformationsfonds aus dem Sondervermögen Infrastruktur (100 Mrd. Euro für landeseigene Investitionen) bestreiten, statt aus ihren Haushalten.
- Förderbeträge: Die geplante Streichung von Zuschlägen für Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Units etc. für 2027 wird abgelehnt. Die Förderung soll bereits 2027 starten.
4. Vorhaltevergütung und Entlastung der Krankenhäuser
- Budgetneutrale Phase: Soll genutzt werden, um Krankenhäusern unverbindliche Informationen über künftige Vorhaltevolumina zu geben.
- Unabhängige Berechnung: Die Vorhaltevergütung soll unabhängig vom Leistungsumfang berechnet und stärker an tatsächlichen Kosten orientiert werden.
- Landesbasisfallwert: Erhöhung um 4 % für 2024 und 2025, um die Inflation auszugleichen.
5. Weitere Kritikpunkte
- Bundesklinikatlas: Die Länder fordern dessen Abschaffung.
- Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (SÜV):
- Mitbestimmung der Länder bei den Leistungen der SÜV.
- Flexibler Instrumentenkasten für regionale Bedarfe.
- Medizinisch-pflegerische Versorgung für ältere Patienten, die keine Hochleistungsmedizin benötigen, aber nicht ambulant versorgt werden können.
- Kooperation mit Vertragsärzten zur Entlastung der Krankenhäuser.
- Sicherung der Auslastung: Gesetzliche Regelungen sollen Leerstand und Verlust medizinischer Infrastruktur in ländlichen Regionen verhindern.
6. Hintergrund und Ziele
Die Länder betonen die Planungshoheit und warnen vor Qualitäts- und Versorgungslücken, besonders in ländlichen Gebieten. Sie fordern praktikablere, regional angepasste Lösungen und eine stärkere Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser.
Fazit: Die Länder positionieren sich klar gegen zentrale Vorgaben des KHAG und fordern mehr Flexibilität, Planungssicherheit und finanzielle Entlastung für die Krankenhäuser. Die Debatte wird in der Bundesratssitzung am 21. November 2025 weitergeführt.
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