Pressemeldung

Team Prof. Gockel und Dr. Voigt entwickelt Prototypen einer ‚künstlichen Speiseröhre‘

Künstliche Intelligenz soll die Art und Qualität der Nahrung erkennen

14. August 2025
  • IT
  • Medizin


Wenn die Speiseröhre dauerhaft und schutzlos der Magensäure ausgesetzt ist, verändert dies die Zellen an der Innenwand, was zu Krebs (Barrett-Karzinom) führen kann. Im Ernstfall muss die Speiseröhre dann komplett entfernt und ein Ersatz z.B. aus Magen- oder Darmgewebe in den Brustkorb hochgezogen werden. Das Problem: Der Eingriff ist potentiell mit Risiken und Komplikationen vergesellschaftet und die Funktion ist nicht immer optimal. Nun wird es eventuell zukünftig die Möglichkeit geben, eine „künstliche Speiseröhre“ zu implantieren. Seitens der Medizin wurde diese technische Entwicklung von Prof. Dr. Ines Gockel vom Klinikum Magdeburg und der Medizintechnikerin Dr. Voigt entwickelt.

Aktuell gab es dazu im Juli 2025 erstmals weltweit eine Fach-Veröffentlichung im „Journal of Medical Engineering & Technology“. Hier wird der Prototyp dieser künstlichen Speiseröhre beschrieben. Das Implantat ermöglicht die minimal-invasive Entfernung und Wiederherstellung der Nahrungspassage. Es könnte dazu beitragen, weniger Einschränkungen und Komplikationen nach einem Magenhochzug (wie Naht-Undichtigkeiten oder Absterben des Schlauchmagens) zu entwickeln.

Die Hauptfunktionalität sind ein künstlicher Muskelschlauch, der die Nahrung kontinuierlich aktiv in den Magen transportiert, und ein doppeltwirkendes Membranventil, das den gastro-ösophagealen Reflux, also das Aufsteigen von Magensäure in die Speiseröhre verhindert, aber Erbrechen und Aufstoßen ermöglicht. Mittels künstlicher Intelligenz soll sogar die Art und Qualität der Nahrung von speziellen Sensoren in dem Muskelschlauch erkannt werden, damit sowohl Transportfunktion des Muskelschlauches als auch Verschluss des unteren Ventils entsprechend adaptiert werden können.

„Wir sind sehr froh, mit diesem Prototypen die Grundlage entwickelt zu haben, auf deren Basis und mit weiteren technologischen Entwicklungen möglicherweise einmal eine künstliche Speiseröhre als potentielle Therapie-Option für all jene Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht, bei denen sich nicht so leicht eine Alternative zur Speiseröhre aus Gewebe des Magens oder Darms herstellen lässt. Damit schließen wir also eine wichtige Therapie-Lücke“, erklärt Prof. Gockel. „Allerdings sind wir noch relativ weit entfernt von einem klinischen Einsatz“. Auch sind noch viele Fragen offen, so beispielsweise, wie der menschliche Körper dieses „Implantat“ überhaupt annimmt und mit dem oberen Rest der Speiseröhre bzw. im unteren Bereich mit dem Magen zusammenwächst und eine funktionelle Einheit bildet. Auch müsse die Batterie regelmäßig gewechselt werden.

„Wir konnten in den letzten Jahren bereits eine Vision annähernd verwirklichen, stehen mit dem Einsatz bei Menschen mit Speiseröhrenkrebs aber noch am Anfang“, so das Forscherteam. Die medizintechnische Entwicklung stammt von der Ingenieurin Dr. Kerstin-Evelyne Voigt, die das Projekt initiiert und die technischen Grundlagen geschaffen hat sowie kontinuierlich dem klinischen Bedarf anpasst.

Quelle:

klinikum-magdeburg.de