Verbände vermissen Reformeifer
Die Reform-Leerstellen im schwarz-roten Koalitionsvertrag bei Gesundheit und Pflege sorgen weiter für Verdruss. Verbraucherschützer mahnen von Union und SPD konkrete Maßnahmen an.
- Politik
„Wenn Patienten keine zeitnahen fachärztlichen Behandlungstermine mehr erhalten oder Krankenhäuser vorschnell operieren, dann liegt das insbesondere an fehlorganisierten Strukturen und Anreizen“, sagt Michaela Schröder von der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Der BKK-Dachverband kritisierte, drängende Probleme würden von den Koalitionären nicht adressiert.
Die Finanzierungsfragen der Kranken- und Pflegeversicherung „werden vertagt und in Kommissionen ausgelagert“, sagte heute BKK-Vorstandsmitglied Franz Knieps auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes Managed Care (BMC). Es bestehe der Eindruck, die Koalitionspartner hätten keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Dennoch sieht Knieps auch positive Impulse, etwa beim Bekenntnis der Koalitionäre zum Primärarztsystem. Dies wäre vor ein paar Jahren noch als „linkssozialistisch“ abgetan worden, so Knieps. Auch der AOK-Bundesverband hatte sich enttäuscht über die fehlenden Handlungsansätze zur Stabilisierung der Finanzen von Kranken- und Pflegeversicherung gezeigt.
Auch der Sozialverband VdK kritisierte, dass die kommende Koalition verschiedene Kommissionen einsetzen wolle. „Dabei gibt es bei der Stabilisierung der Sozialversicherungen keine Zeit zu verlieren, denn es drohen schon die nächsten Beitragserhöhungen.“
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) warnte, das Gesundheitssystem sei nicht zukunftsfähig. „Trotz politischer Anstrengungen der letzten Jahre spitzt sich die Lage in unserem Gesundheits- und Pflegesystem weiter zu“, konstatierte DRK-Generalsekretariatsmitglied Joß Steinke im „Münchner Merkur“. Das Gesundheitssystem müsse rundum neu strukturiert werden. Der scheidende Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht die Kassen weiter unter „erheblichem Beitragsdruck“. Die Ampel-Regierung habe Reformen angestoßen, um das System effizienter und sparsamer zu machen, sagte der SPD-Politiker im „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). Diese Reformen dürften nicht verwässert werden.
CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge machte sich in der „Augsburger Allgemeinen“ für das Primärarztmodell stark. „Wir brauchen mehr Steuerung, um schnelle Facharzttermine für diejenigen Patienten frei zu halten, die sie am dringendsten brauchen“, sagte Sorge. Die VZBV befürchtet dagegen, ein solches System könne den Versorgungszugang weiter verschlechtern.
aok.de

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