Wido: 1,4 Millionen Krankenhausfälle vermeidbar – AOK fordert ambulante Wende für Hochbetagte
Deutschlands Kliniken sind nur unzureichend auf die wachsende Zahl hochbetagter Patienten vorbereitet. Der AOK-Report 2025 fordert ein radikales Umdenken: Ambulant statt stationär – ökonomisch sinnvoll, medizinisch notwendig, politisch überfällig.
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Der Krankenhaus-Report 2025 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) widmet sich einem Thema von wachsender Brisanz: der stationären Versorgung hochaltriger Patientinnen und Patienten. Der Anteil der über 80-Jährigen an allen Krankenhausfällen wird zwischen 2005 und 2023 von 13 auf 22 Prozent steigen – eine Entwicklung, die das System vor erhebliche strukturelle Herausforderungen stellt. Viele dieser Menschen sind multimorbid, häufig pflegebedürftig und in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Die Folge: längere Verweildauern, höhere Komplikationsraten und deutlich steigende Behandlungskosten. Allein im Jahr 2023 lagen die durchschnittlichen Fallkosten bei Hochbetagten mit 3.351 Euro mehr als siebenmal so hoch wie bei unter 60-Jährigen.
Hinzu kommt, dass die Krankenhäuser auf diese demografische Entwicklung nicht ausreichend vorbereitet sind. Strukturen und Prozesse sind noch zu stark auf eine junge Akutpatientengruppe ausgerichtet. Geriatrische Kompetenz, altersgerechte Abläufe und sektorenübergreifende Versorgungsstrategien fehlen vielerorts. Laut WIdO könnten jährlich bis zu 1,4 Millionen Krankenhausfälle vermieden werden, wenn pflegesensitive Diagnosen frühzeitig im ambulanten Bereich erkannt und behandelt würden – in Arztpraxen, Pflegeheimen oder durch mobile Dienste.
Der Report gibt auch einen Überblick über die regionale Versorgungssituation: In Nordrhein-Westfalen lag die Krankenhaushäufigkeit der Hochbetagten bei 68 Fällen je 100 Einwohner. Dieser Unterschied ist nicht medizinisch, sondern strukturell zu erklären – mehr Kliniken führen offenbar zu mehr Krankenhauseinweisungen. Die Expertinnen und Experten fordern daher eine gezielte Stärkung der vor- und nachstationären Versorgung. Ziel müsse es sein, Krankenhausaufenthalte nur dann zuzulassen, wenn sie medizinisch zwingend notwendig sind. Gleichzeitig müssten die ambulanten Versorgungsstrukturen ausgebaut und besser vernetzt werden.
Die Diagnose des Krankenhaus-Reports ist eindeutig: Ohne Strukturreformen droht die stationäre Versorgung unter dem demografischen Druck zu kollabieren. Notwendig sind eine intelligente Arbeitsteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor, eine alterssensible Versorgungsarchitektur und ein konsequentes Ressourcenmanagement. Die Zukunft liegt nicht im Ausbau der Kliniklandschaft, sondern in der Stärkung der Versorgung vor der Kliniktür.
Der Krankenhaus-Report 2025 macht erneut deutlich: Kliniken müssen sich strategisch auf eine stark wachsende Zahl hochaltriger Patientinnen und Patienten einstellen. Für viele Kliniken bedeutet dies eine Neuausrichtung der Versorgungsprozesse. . Nur wer sektorenübergreifend denkt, vermeidet unnötige Krankenhausaufenthalte und schont Ressourcen.
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